Samstag, 27. September 2014

Technik Fußball

"Die Torlinientechnik muss einfach her. Sie sei mittlerweile ausgereift und zuverlässig."

"Damit sich die Geschichte nicht wiederholt" werden teure Systeme entworfen, die sicher entscheiden sollen, ob ein Tor gefallen ist, oder nicht. Die "Geschichte" soll sich nicht wiederholen, auch wenn sie gerade das ist, was den Fußball für viele zu der interessantesten Soap Opera der Welt macht. Die Geschichte wird sich nicht wiederholen. Sie wird aber so aussehen: Ein Tor fällt, wird aber nicht gegeben... 
Aha? 
Ein technisches Wembley-Tor. 
"Systemgrenzen" sind Einschränkungen an Algorithmen über die nicht gerne gesprochen wird, Ausnahmefälle, mit denen man eigentlich nicht rechnet. Beispielsweise ein kamerabasiertes System wird immer das Problem haben, dass es eventuell etwas nicht sieht - so wie das Auge des Menschen nicht sieht, wenn der Gegenstand der Betrachtung verdeckt wird. "Für solch einen Schneefall war das System nicht ausgelegt.", "Der Kahn hat bei seinem Tritt gegen den Pfosten Matsche auf der Kamera verteilt". Mehr als das - denn hier versucht man ja redundant zu arbeiten - ins Gewicht fallen dürften Wartungs- und Übertragungsprobleme, auch hier könnten, wie bei der Schiedsrichterentscheidung, menschliche Fehler zu der Fehlentscheidung beitragen. Ein nicht richtig gestartetes System, ein Wackelkontakt, nicht gereinigte Optik, eine fehlerhafte Kalibrierung der Kameras. Nun werden sich irgendwann die Diskussionen um die technischen Probleme drehen, und nicht mehr um die gebeutelten Schiedsrichter. Wahrscheinlich wird es wesentlich seltener der Fall sein (zumindest solange die Systeme noch neu sind), doch ob es der Kultur des Spiels nützt bleibt Geschmackssache. Ich für meinen Teil denke, obwohl ich von Technik begeistert bin, dass manches Kulturgut in seiner Form bestehen sollte, so dass es über viele Generationen in gleicher Form gegeben ist. Die menschlichen Fehler auf dem Platz, und auch das Leiden der Manager und Spieler bei einer Schiedsrichter-Fehlentscheidung gegen ihren Verein, machen das Spiel lebendig. Schließlich ist es nicht schlimm, es ist kein wahres Leid... es geht am Ende bloß um Fußball. Die Wut (und Schadensersatzansprüche?) gegen einen Programmierer/Kameralieferanten oder Wartungsbeauftragten wirkt im Vergleich leider bieder. Sie verlässt die Sphäre des Mikrokosmos Fußballplatz und nähert sich der Spießigkeit der Büros von Managern und Juristen. 

Trotz allem, ich bin ein wenig gespannt auf den Zeitpunkt wenn es fällt und auf die Reaktionen darauf... auf das erste technische Wembley-Tor.